Brief des Dichters Gulltong an seinen Herrn den König Jurtak, Harvarts Sohn, die Kranichsepen Rimurics betreffend

Seyner Majestät dem König von Movenna Jurtak/ Harvarts Sohn/ Bezwinger der sieben Inseln/ Herrscher Bernlands/ Oberster Heerführer des Reiches etc. etc. etc.

Allerdurchlauchtigster/ Großmächtigster König und Herr!

Euere Königliche Majestät haben in Gnaden geruht/ Seynen unterthänigsten Diener und Hofdichter nach einem Exemplar der von demselben höchlich gepriesenen Kranichsepen des Barden Rimuric auszusenden/ welche ein nutzbringend und ergötzlich Geschenk für den hochedlen Kronprinzen Ardua zu seyen bestimmt waren.

Zu seyner nicht geringen Betrübnis kann der ehrfurchtsvolle Endunterzeichner Dieses bezüglich der sehr gewünschten Schrift Allerhöchst Ihnen jedoch einzig diese hier nun folgende Mittheilung machen:

Daß es im gesamten Lande Movenna/ einschließlich seyner Verbündeten und Benachbarten Staaten/ als da sind Bernland/ Die Sieben Inseln/ Mogàl/ Bavir/ Osrat/ die Länder der Nearith und selbst Chadashqart/ keinen einzigen Menschen gibt/ welcher nicht den Besitz besagter Werke auf das Hartnäckigste ableugne. Haussuchungen – selbst solche bei Buchhändlern und einschlägig bekannten des Lesens und Schreibens Kundigen Personen sowie in den Behausungen der Hexen und Waldwohner – blieben ergebnislos. Euerer Königlichen Majestät Hofdichter fand weder die Kranichsepen/ noch auch die Diamantlieder oder andere Werke des oben genannten Rimuric irgend vor. Auch gaben die Befragten Buchhändler und Sonstig der Schrift Verständigen dem Beauftragten Allerhöchstderselben zu verstehen/ sie seyen gänzlich außerstande und unfähig/ sich in auch nur Irgend einer Weise des Namens Rimuric zu entsinnen/ und gaben sich hartnäckig den Anschein/ als sey die Existenz eines also benamseten Barden ihnen gänzlich unbekannt.

Das Bewußtseyn, seynen Herrn und König durch seyn Versagen bei vorstehend benannter Suche auf das Schwerste gekränkt und beleidiget sowie seynen gerechten Zorn herausgefordert zu haben/ lastet schwer auf seyner Majestät unwürdigem Knecht, und er möchte dieses seyn Versagen nicht noch steigern durch tadelswerthen und lächerlichen Eygensinn. Der Fehler/ den er begangen/ ist zwar kaum mehr gut zu machen/ allein er hoffte/ ihn durch ein offenes Geständnis an seynen Allergnädigsten Herrn und König mildern zu können.

Obwohl die ihm gezeigten Begünstigungen ihn nicht berechtigten/ sich eine Neue zu erbitten/ möchte der Dichter es dennoch wagen, seynem Huldreichsten König das diesem Briefe beigefügte Poem demütig zu Füßen zu legen und es der Gnade des Allweisen Herrschers anzuempfehlen. Die bescheidene Dichtung ist der unzureichende Versuch Allerhöchst Ihres Hofdichters/ die Mär Rimurics in mogalithische Worte zu kleiden und sie für die erlauchten Ohren des Kronprinzen neu zu erzählen. Seyner Majestät demütiger Diener hofft/ daß ihm der Großmächtige Allergnädigste Herr seyne gütige Nachsicht nicht weigern wird/ daß Allerhöchstderselbe vergesse/ was seyn Knecht freventlich gefehlt hat/ und daß seyne Königliche Majestät ihm auch fernerhin Ihre Gnade nicht entziehen möge.

In tieffster Ehrfurcht verharret Euerer Königlichen Majestät allerunterthänigster

Gulltong/ Hofdichter zu Pol Movenn

 



© Petra Hartmann